16.04.2024
Hepatitis C und Leberkrebs: Wie hängt das zusammen?
Im Verlauf einer chronischen HCV-Infektion kommt es durch das HCV über eine Reihe von Mechanismen zur zunehmenden Anhäufung an Schäden in den Leberzellen, die zur Entwicklung eines HCC führen können. Heutige Therapien können eine HCV-Infektion zwar heilen, aber gerade bei Patient:innen mit einer fortgeschrittenen Lebererkrankung bleibt ein erhöhtes Risiko für ein HCC bestehen.3
Um sein eigenes Überleben und seine Vermehrung zu sichern, hat das HCV Wege gefunden, die Signalwege der Leberzellen zu nutzen.3 Dabei macht es sich insbesondere bestimmte Wachstumsfaktoren zunutze. So benötigt das HCV beispielsweise für das Eindringen in die Leberzellen den Rezeptor des epidermalen Wachstumsfaktors (EGF)4 und aktiviert nach der Infektion einer Zelle den EGF-Signalweg.3 Die EGF-Expression wiederum ist maßgeblich an der Entstehung der Leberfibrose und des HCCs beteiligt.5 Diese und weitere Veränderungen in den Zellsignalwegen tragen direkt oder indirekt zur Entwicklung und zum Fortschreiten der Lebererkrankung bei.6
Da es im Lebenszyklus des HCV keine Latenzphase gibt, kommt es durch die Infektion zu einer fortlaufenden, immunvermittelten Entzündungsreaktion in der Leber. Dadurch entsteht eine entzündliche Mikroumgebung um die infizierten Leberzellen, die einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung hin zur Leberzirrhose – und schließlich zum HCC – hat.3 So werden unter anderem die Signalwege der Zytokine Interferon (IFN), Nuclear Factor Kappa-Light-Chain-Enhancer of activated B-Cells (NFκB), Tumornekrosefaktor Alpha (TNF-α) und Interleukin-6 (IL-6) dauerhaft dereguliert, was mit einer schlechten Prognose für die Entwicklung des HCCs assoziiert ist.7
Das HCV ist auch in der Lage, Einfluss auf die epigenetische Regulation der Leberzellen zu nehmen, wodurch es zu langfristigen Folgen für den Wirt kommt. Dabei beeinflusst das HCV das Gleichgewicht verschiedener DNA-Modifikationen, die auf epigenetischer Ebene die Expression von Genen regulieren.3 Beispielsweise wurde beschrieben, dass das Core-Protein des HCVs in der Lage ist, die DNA innerhalb von regulatorischen Elementen zu methylieren und dadurch die Expression von Tumorsuppressorgenen zu vermindern.8
Abbildung 1: Zusammenfassung der leberschädigenden Wirkung des HCVs
Aufgrund des relativ großen zeitlichen Abstands zwischen der virusbedingten Leberschädigung und der Entwicklung eines HCCs ist erst in der Zukunft mit einem Höchststand an HCV-verursachten Lebererkrankungen – auch HCC – zu rechnen. Für die vom HCV geheilten Patient:innen braucht es daher auf lange Sicht zuverlässige Biomarker, um das potenzielle Risiko für eine zukünftige Entwicklung eines HCCs besser abschätzen zu können, sowie präventive Behandlungsmöglichkeiten, die die Krebsentstehung verhindern können.3
Die schiere Vielfalt an Modifikationen auf epigenetischer Ebene und im späteren Verlauf auch auf genetischer Ebene, die durch das HCV eingeleitet werden, erschwert die Identifikation einzelner gemeinsamer Biomarker. Eine kürzlich beschriebene prognostische epigenetische Signatur integriert nun eine Reihe von virusinduzierten Modifikationen und kann Aufschluss über das Krebsrisiko der Patient:innen nach einer SVR geben.9
Die Dysregulation verschiedener Zellsignalwege bietet außerdem potenzielle Ansatzpunkte für präventive Chemotherapien. Mit Erlotinib, einem Inhibitor des EGF-Rezeptors, befindet sich ein Wirkstoff zur Prävention des HCCs in klinischer Testung, der gezielt in einen vom HCV beeinflussten Signalweg eingreifen soll10 (NCT02273362).
Das HCV bewirkt zahlreiche Veränderungen in der Leber, welche das Risiko für die Entstehung eines HCCs im Verlauf der Zeit erhöhen. Einige dieser Veränderungen eröffnen aber auch neue diagnostische oder therapeutische Ansätze, die in der Zukunft eine bessere Diagnostik und Vorbeugung ermöglichen können.