14.06.2021
Hepatitis C: Versorgungslage in Deutschland und ein Blick in die Zukunft
Seit der Erstbeschreibung der viralen Hepatitis in den 1960er-Jahren hat sich bei der medizinischen Versorgung der betroffenen Patienten viel getan. Die Entwicklung von direkt antiviral wirkenden Substanzen (Direct-acting Antivirals, DAAs) war ein Meilenstein, der die Prognose bei einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) deutlich verbessert und die Therapie gleichzeitig sicherer gestaltet hat.1 Infolge der optimierten Versorgungsstandards ist die Anzahl der Hospitalisierungen mit den Hauptdiagnosen akute oder chronische Hepatitis C in den letzten 15 Jahren drastisch zurückgegangen.2
In der erwachsenen deutschen Bevölkerung (Altersgruppe 18 bis 79 Jahre) liegt die geschätzte Prävalenz der Hepatitis C nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bei etwa 0,3 Prozent – allerdings gibt es vermutlich eine hohe Dunkelziffer.2 In der bevölkerungsbezogenen Studie, auf die sich diese Angabe stützt, waren Risikogruppen für eine HCV-Infektion unterrepräsentiert oder gar nicht berücksichtigt. Dazu zählen unter anderem Menschen, die Drogen konsumieren, Inhaftierte und Migranten, die aus Ländern mit einer höheren HCV-Prävalenz nach Deutschland einreisen.2 So kamen andere Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die HCV-Antikörperprävalenz in einer deutschen Kohorte von Drogenkonsumenten zwischen 37 und 73 Prozent lag.3
Die Zahl der im Zeitraum von 2001 bis 2019 gemeldeten Hepatitis-C-Erstdiagnosen zeigte ab 2005 einen leichten Abwärtstrend. Seit 2011 ist die jährliche Inzidenz in Deutschland weitgehend stabil mit nur leichten Schwankungen (auch unter Berücksichtigung der angepassten Meldepflicht im Jahr 2018). Die höchsten Inzidenzzahlen lagen im Jahr 2019 sowohl bei Männern als auch bei Frauen in der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen, wobei Männer in diesem Alter etwa dreimal häufiger betroffen waren als Frauen. Belastbare Mortalitätsdaten im Zusammenhang mit der Hepatitis-C-Erkrankung liegen derzeit für Deutschland nicht vor.2
Unter allen im Jahr 2019 gemeldeten HCV-Infektionen ließ sich nur bei rund einem Viertel der Fälle ein wahrscheinlicher Übertragungsweg rekonstruieren. Die mit Abstand häufigste mutmaßliche Ursache war die Injektion von Drogen. Für die besonders gefährdete Gruppe der Drogenabhängigen sind laut RKI gezielte Aufklärungsmaßnahmen notwendig, beispielsweise in Therapieeinrichtungen, szenenahen Kontaktläden und Drogenkonsumräumen sowie über die Sozialarbeit.2
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 2016 das Ziel ausgesprochen, virale Hepatitiden bis zum Jahr 2030 zu eliminieren oder zumindest stark einzudämmen. Auch in Deutschland gibt es derartige Bestrebungen. Unter dem Kennwort „BIS 2030“ (Bedarfsorientiert – Integriert – Sektorübergreifend) hat das Bundesministerium für Gesundheit gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine „Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C sowie anderer sexuell übertragbarer Infektionen“ erarbeitet. Darin sind die folgenden fünf übergeordneten Handlungsfelder definiert:4
Mit Blick auf die globalen Bemühungen im Kampf gegen virale Infektionskrankheiten und auf potenzielle Kandidaten für wirksame HCV-Vakzine, an denen derzeit intensiv geforscht wird,5 ist von einer weiteren Verbesserung der Versorgungslage in den kommenden Jahren auszugehen. Die Kampagne „BIS 2030“ hat in Deutschland den Grundstein dafür gelegt, dass das ambitionierte Ziel der WHO hierzulande tatsächlich bereits bis zum Jahr 2030 erreicht werden kann.
Eine vom Bundesgesundheitsministerium erstellte Informationsbroschüre zur Kampagne „BIS 2030“ finden Sie hier.